Schlitzfräser: Aus drei mach eins

Artikel vom 24. November 2020
Spezielle Werkzeuge

Bei der Heidelberger Druckmaschinen AG am Standort Brandenburg westlich von Berlin konnte dank eines schlanken Schlitzfräsers von Iscar die Bearbeitung von rostfreiem Stahl von drei Schritten auf einen Arbeitsgang reduziert werden.

Diesen und viele weitere Fachbeiträge lesen Sie in der 2020er-Ausgabe des Jahresmagazins »Maschinenbau + Metallbearbeitung«, das Sie über diesen Link bestellen können.

Die innere Kühlmittelzufuhr des Schlitzfräsers wirkt direkt in der Schnittzone und ermöglicht so lange Standzeiten (Bild: Iscar).

Die innere Kühlmittelzufuhr des Schlitzfräsers wirkt direkt in der Schnittzone und ermöglicht so lange Standzeiten (Bild: Iscar).

In dem Werk in Brandenburg entstehen Komponenten, die der Druckmaschinenhersteller am Stammsitz im baden-württembergischen Wiesloch-Walldorf zu Präzisionsdruckmaschinen montiert. Auf einer Produktionsfläche von 32.000 Quadratmetern bearbeiten rund 500 Mitarbeiter auf 200 Werkzeugmaschinen circa 5000 unterschiedliche, bis zu drei Meter lange und bis zu 400 Kilogramm schwere Werkstücke aus verschiedenen Materialien. Etwa 40 Prozent aller mechanischen Teile einer Druckmaschine kommen aus Brandenburg. Das Werk ist im Jahr 1992 auf der grünen Wiese entstanden. Kernkompetenzen des Unternehmensstandortes sind alle Disziplinen der Zerspanung und Oberflächentechniken wie Härten und Nitrieren. Darüber hinaus liefert das Werk zunehmend auch Baugruppen an externe Kunden.

Der Termin von Helmut Piko bei Christian Jankowski war gut gewählt. Piko, Beratung und Verkauf beim Werkzeughersteller Iscar, stellte dem Werkzeugtechnologen der Heidelberger Druckmaschinen den neuen Schlitzfräser »Slim Slit« vor. Noch während der Präsentation kam Jankowski die Idee, die Produktneuheit aus Ettlingen bei einer Anwendung einzusetzen, um die Bearbeitung eines Bauteils für die neueste Digitaldruckmaschine von Heidelberger zu optimieren. Zum Einbringen eines 348 Millimeter langen, 1,2 Millimeter breiten und sechs Millimeter tiefen Schlitzes setzten die Brandenburger bis dato einen Vollhartmetallschlitzfräser eines anderen Herstellers ein. »Für die Bearbeitung haben wir drei Arbeitsschritte benötigt, um die geforderte Tiefe zu erreichen«, skizziert Jankowski. Darüber hinaus war er mit den Standzeiten und der Prozesssicherheit nicht zufrieden.

Mit Schneidenbreiten von 0,8 bis 1,2 Millimetern ist der Fräser einer der schmalsten Schlitzfräser auf dem Markt. Heidelberger Druckmaschinen bearbeitet damit rund 400 Edelstahlkomponenten pro Monat in gleichbleibend hoher Qualität (Bild: Iscar).

Mit Schneidenbreiten von 0,8 bis 1,2 Millimetern ist der Fräser einer der schmalsten Schlitzfräser auf dem Markt. Heidelberger Druckmaschinen bearbeitet damit rund 400 Edelstahlkomponenten pro Monat in gleichbleibend hoher Qualität (Bild: Iscar).

Tests belegen Praxistauglichkeit

Helmut Piko, Christian Jankowski und Bernd Pfeuffer, Produktspezialist Fräsen bei Iscar, nahmen sich gemeinsam der Aufgabe an. »Wir haben technische Informationen ausgetauscht und schnell Termine für erste Tests festgelegt«, schildert Piko. Vor Ort wurden an der Maschine Standzeiten ermittelt und Schnittwerte angepasst. Unter Praxisbedingungen fuhren die Experten Versuche am Bauteil aus dem rostbeständigen Stahl X6Cr17. Die Ergebnisse waren überzeugend: Mit dem neuen Schlitzfräser war es möglich, die Bearbeitung in einem Schnitt zu fahren und dadurch die Produktivität wesentlich zu steigern. Das Zeitspanvolumen lag bei 4,09 Kubikzentimetern pro Minute im Vergleich zu lediglich 2,4 der bisherigen Lösung.

Iscar hat den Fräser im Rahmen seiner weltweiten Produktkampagne »Logiq« entwickelt. Die Strategie erläutert Bernd Pfeuffer: »Bislang werden zum Einbringen von Schlitzen oft VHM-Sägeblätter verwendet. Diese besitzen eine hohe Anzahl an Zähnen und sehr kleine Spanräume. Dadurch sind keine hohen Vorschübe möglich. Unser Ziel war es, ein effizientes Werkzeug zu konstruieren, mit dem Schlitze kleiner als 1,6 Millimeter deutlich wirtschaftlicher einzubringen sind.« Der »Slim Slit«-Fräser besitzt selbstklemmende Schneideinsätze mit Breiten von 0,8, 1,0 und 1,2 Millimetern. Der Fräser wird in Durchmessern von 32 bis 63 Millimetern angeboten.

Prozesse laufen stabil

Die Einsätze aus zähen oder verschleißfesten Schneidstoffsorten bieten je nach Anforderung die nötige Prozesssicherheit und Standfestigkeit. Die Kühlung erfolgt von innen über die speziell dafür ausgelegte Spannschraube und sorgt für bestmögliche thermische Bedingungen direkt in der Schnittzone. Darüber hinaus verfügt der Fräser über spezielle Spanformer. »Diese erzeugen Späne, die schmaler als die Nut sind und sehr gut abtransportiert werden können«, sagt Pfeuffer. Er verschweigt aber nicht, dass die Zerspaner bei der Firma Heidelberg zunächst ein wenig skeptisch waren, ob ein so schmales Werkzeug auch gut arbeitet. »Nach den Versuchen waren unsere Partner begeistert, wie zuverlässig es funktioniert«, resümiert er.

Mit dem Fräser kann Heidelberger Druckmaschinen den Schlitz in einem Arbeitsgang einbringen. Früher waren drei Schritte erforderlich (Bild: Iscar).

Mit dem Fräser kann Heidelberger Druckmaschinen den Schlitz in einem Arbeitsgang einbringen. Früher waren drei Schritte erforderlich (Bild: Iscar).

Auch im täglichen Einsatz hat der neue Fräser überzeugt. Die Heidelberger Druckmaschinen AG fertigt damit rund 400 Bauteile pro Monat und konnte die Standzeiten nicht zuletzt durch Verwendung der widerstandsfähigen Schneidstoffsorten »IC1008« und »IC1028« spürbar erhöhen. Deutlich verringert hat sich zudem auch die Bearbeitungszeit. »Wir bringen die sechs Millimeter tiefen Schlitze heute in einem Arbeitsgang ein und sparen damit Kosten«, fasst Christian Jankowski zusammen. Sein Plan, das Schlitzen zuverlässiger zu machen, ist aufgegangen. »Die Prozesse laufen absolut stabil.«

Werkzeugkosten wurden gespart

Zufrieden zeigt er sich mit der inneren Kühlmittelzufuhr des Fräsers. »Die Kühlung direkt in der Schnittzone ist wesentlich effizienter als die externe Variante von früher«, sagt er. Dies verringere den Verschleiß und spare Werkzeugkosten. Vereinfacht hat sich auch das Werkzeughandling. Der Tausch der Platten erfolgt schnell. Die Schneiden können direkt in der Maschine gewechselt werden, was die Stillstandzeiten auf ein Minimum reduziert.

Schlitzfräser »Slim Slit« (Bild: Iscar).

Schlitzfräser »Slim Slit« (Bild: Iscar).

Die Kooperation zwischen dem Druckmaschinenhersteller und Iscar besteht bereits seit den 1980er-Jahren und wird von beiden Seiten geschätzt. »Die Zusammenarbeit gestaltet sich sehr gut, wir pflegen einen intensiven Austausch«, wertet Christian Jankowski. Und Helmut Piko freut sich bei Heidelberger über »technisch versierte Ansprechpartner, gut organisierte Prozesse und profundes Wissen über Werkzeugtechnik.« Über weitere Einsatzgebiete des Fräsers hat sich Jankowski bereits Gedanken gemacht. »Ich kann mir gut vorstellen, den Fräser auch bei weiteren Bauteilen einzusetzen und sehe ihn mittelfristig sogar als Ersatz für andere Werkzeuge.«

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