Transformation in der Hebetechnik
Bauelemente
Digitale Services sind in der Hebetechnik oft noch eher unterentwickelt. Dadurch gehen Anwendern wertvolle Potenziale zur Steigerung ihrer Prozesseffizienz verloren. Führende Hersteller wie RUD haben jedoch mittlerweile digitale Tools entwickelt, die Praktikern das Leben deutlich erleichtern – von der Anschlag-mittelkonfiguration über Dokumentations- und Prüfmaßnahmen bis hin zu Reparatur und Ersatzteilmanagement.

Anwenderorientierte Digitalisierung in der Hebetechnik: Mithilfe der einer Smartphone-App lassen sich in der Cloud oder im Firmenrechenzentrum gespeicherte Produktdaten direkt vor Ort via NFC auslesen (Bild: RUD).
Die digitale Transformation, die vielleicht größte industrielle Herausforderung unserer Zeit, macht auch vor Anschlagmitteln nicht Halt. Auch in diesem Umfeld gilt, was in der Industrie längst weithin akzeptiert ist: Die Digitalisierung von Prozess- und Lieferketten erschließt entscheidende Potenziale zur Effizienzsteigerung: Sie verkürzt und vereinfacht Vorgänge, spart Material und Zeit, schont energetische sowie personelle Ressourcen und leistet dadurch nicht zuletzt einen wertvollen Beitrag zu Umwelt- und Klimaschutz. In den zunehmend vernetzten globalen Lieferketten werden dementsprechend auf Dauer nur noch diejenigen ihre Position verteidigen können, die ihren Partnern auf digitalem Wege alle benötigten Informationen zu bedarfsgerechter Lösungskonfiguration, Erfüllung von Sicherheitsvorschriften oder After-Sales-Service schnell und transparent zur Verfügung stellen.

Im Anschlagmittelkonfigurator können Nutzlast und Nutzlänge, Aufhängeelement, Verkürzungselemente, Zwischenbauteile sowie Endbauteile definiert und ausgewählt werden (Bild: RUD).
Trotz der Schlüsselrolle, die digitalen Tools zukommt, ist in der Hebetechnik jedoch vor allem die anwenderorientierte Digitalisierung noch immer unterentwickelt. Digitale Services sind vielerorts Mangelware – mit dem Ergebnis, dass Anwendern wertvolle Potenziale zur Steigerung der Prozesseffizienz verloren gehen. Doch dabei muss und wird es nicht bleiben, wie das Beispiel RUD zeigt. Der Aalener Hebetechnikspezialist hat schon vor Jahren begonnen, seinen Kunden kostenfreie und einfach zu bedienende digitale Tools an die Hand zu geben – Tools, die ihnen über den gesamten Lebenszyklus ihrer Anschlagmittelanwendung hinweg wertvolle Hilfestellung leisten. Ein näherer Blick auf die Leistungen solcher digitalen Werkzeuge macht schnell deutlich, welche Effizienzfortschritte durch digitale Services erreicht werden können und wie wichtig es mit Blick auf den Anwender ist, solche Hilfsmittel gezielt zu entwickeln.
Konfiguration von Kettengehängen
Schon der erste Schritt zum Einsatz von Anschlagmitteln, die Konfiguration der benötigten Kettengehänge, stellt hohe Anforderungen. Verantwortliche müssen hier treffsicher entschieden, mit welcher Lösung die Last zuverlässig gehoben, gedreht oder gewendet werden kann. Das verlangt hohe Sorgfalt, da Konfigurationsfehler nicht nur die Funktionalität der Lösung beeinträchtigen, sondern auch gravierende Folgen für die Sicherheit von Last und Personal haben können. Unsaubere Berechnungen oder auch Fehleinschätzungen bei der Materialauswahl erweisen sich dabei auch insofern als tückisch, als sie sich nicht immer unmittelbar auswirken. Nicht selten bleiben sie über einen gewissen Zeitraum hinweg unbemerkt, führen dann aber noch vor der ersten Regelprüfung zu einem Unfallereignis, etwa durch vorzeitige Materialermüdung.
Vor diesem Hintergrund kann der Einsatz digitaler Tools, die auf Basis eingepflegter Last- und Produktparameter automatische Berechnungen vornehmen, die Anwendung spürbar erleichtern und das Fehlerrisiko entscheidend verringern.

Bei Anschlagpunkten lassen sich Parameter wie Zahl der Stränge, Anschlag- und Befestigungsart, Gewinde und Auflagefläche berücksichtigen, aber auch Sonderaspekte wie Konformität zu bestimmten Normen oder Offshore-Eignung (Bild: RUD).
RUD hat deshalb beispielsweise zwei Online-Konfiguratoren für Anschlagmittel und Anschlagpunkte entwickelt, mit deren Hilfe sich Lösungen zum Heben von Lasten exakt entwerfen und auch Umgebungseinflüsse wie Temperaturbereich oder voraussichtliche stoßartige Belastungen berücksichtigen lassen.
Bei Anschlagmitteln werden Nutzlast und Nutzlänge, Aufhängeelement, Verkürzungselemente (Haken, Klauen), Zwischenbauteile (Spanner, Wirbel) und Endbauteile (Haken) definiert und ausgewählt. Bei Anschlagpunkten lassen sich Parameter wie Zahl der Stränge, Anschlag- und Befestigungsart, Gewinde und Auflagefläche berücksichtigen, aber auch Sonderaspekte wie Normkonformität oder Eignung für bestimmte Anwendungsbereiche. Die Konfiguratoren ermitteln anhand der eingegebenen Daten und Parameter die passenden Anschlagmittel und Anschlagpunkte inklusive einer automatischen Auswahl der passenden Kettengüteklasse. Während des gesamten Konfigurationsvorgangs kann der Anwender seine Anschlaglösung zudem in einer virtuellen 3D-Ansicht kontrollieren. Ist die Konfiguration vollständig, lässt sich für Angebotsanfragen eine Stückliste extrahieren.
Unterstützung in der betrieblichen Praxis
Doch nicht nur in der ursprünglichen Konfiguration können digitale Anwendungen wertvolle Dienste leisten. Auch der oft gehegte Wunsch vieler Anwender, in der betrieblichen Praxis schnell und unkompliziert auf Dokumentationen zur Sicherheitsprüfung oder Informationen zur Eignung von Anschlagmitteln und -punkten zugreifen zu können, lässt sich mit digitalen Tools sehr einfach erfüllen. Mit funkbasierten Technologien wie der Radio Frequency Identification (RFID) und der Near Field Communication (NFC) sowie einer gut organisierten Datenhaltung in der Cloud ist es beispielsweise problemlos möglich, Produktinformationen, Prüfprogramme und Dokumentationen direkt im Feld zur Verfügung zu stellen.
Das »Blue ID«-System und die »Buddytron App« von RUD etwa machen sich genau diese Technologien gezielt zunutze. Die einzelnen Kettenbauteile werden hierzu weitgehend serienmäßig mit hochrobusten RFID-Transpondern mit einer individuellen Identifikationsnummer ausgerüstet. Unter dieser einmalig vergebenen Ziffer sind werksseitig grundlegende Produktinformationen hinterlegt. Zudem können ihr später Prüfdokumente oder andere relevante Inhalte zugeordnet werden.
Mithilfe der Smartphone-App lassen sich diese in der Cloud oder im Firmenrechenzentrum gespeicherten Daten dann direkt vor Ort via NFC auslesen. Auch können Anwender per App sehr leicht prüfen, ob beispielsweise vorhandene Anschlagpunkte und Anschlagmittel für das Heben einer bestimmten Last geeignet sind. Nach Eingabe der Lastparameter wird anhand der hinterlegten Produktdaten in Sekundenschnelle die benötigte Information ermittelt und ausgegeben. Nicht zuletzt stellt die App auch Anleitungen für Sicherheitsprüfungen sowie weitere Praxistipps für Montage, Demontage oder Reparatur zur Verfügung und ermöglicht auch ein unkompliziertes Ersatzteilmanagement.
Effizientere, wirtschaftlichere und nachhaltigere Prozesse
Die digitalen Services, auf die Anwender heute zugreifen können, stellen noch nicht das Ende der Entwicklung dar. Die führenden Hersteller werden ihre Tools weiter konsequent verbessern und angesichts des globalen Trends zu vernetzten Lieferketten auch Optionen zur automatisierten Integration ihrer digitalen Lösungen in übergeordnete Abläufe vorantreiben.
Schon heute aber können Anwender die Effizienz und damit Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit ihrer Prozesse deutlich verbessern, indem sie von den bestehenden Möglichkeiten zur digital gestützten Konfiguration und Prüfung ihrer Anschlagmittel Gebrauch machen. Perspektivisch wird die Nutzung solcher Möglichkeiten sogar zwingend sein, um im globalen Umfeld die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Der digitalisierten Anschlagmittellösung, so viel lässt sich jetzt schon sagen, gehört auf jeden Fall die Zukunft.