Ausgezeichnete Industrie-4.0-Strategie

Artikel vom 15. Januar 2025
Steuerungen/SPS/PLC

Die Allianz Industrie 4.0 Baden-Württemberg zeichnete die IT-Architektur der Hartmetall-Werkzeugfabrik Paul Horn GmbH in der Fertigung als »herausragende Industrie-4.0-Einzellösung« aus. Der Hersteller von Präzisionswerkzeugen arbeitet kontinuierlich an der Digitalisierung der gesamten Wertschöpfungskette. Um die Digitalisierung im maschinennahen Umfeld zu beschleunigen, wurde eine skalierbare Standardlösung zur Anbindung von bestehenden und neuen Anlagen entwickelt.

Schematische Darstellung einer Produktionskapsel (Bild: Horn/Kocher).

Schematische Darstellung einer Produktionskapsel (Bild: Horn/Kocher).

Das im Jahr 2018 gestartete Projekt zur Digitalisierung und Vernetzung von Bestandsanlagen (Retrofit) hat unter anderem zum Ziel, eine serviceorientierte Architektur (SOA) in der Produktion einzuführen sowie die Daten im Sinne der Verwaltungsschale zu standardisieren. Das erarbeitete Konzept soll zudem die Grundlage für die Anbindung von zukünftigen Anlagen bilden. In der Vorstudie des Projekts zeigte sich schnell, dass dabei die gesamte IT-Architektur der Fertigung betrachtet werden muss.

Das Konzept der sogenannten Produktionskapseln beschreibt sowohl die methodische Vorgehensweise für die Ablösung der Automatisierungspyramide als auch eine generische Industrie-4.0-Architektur, bestehend aus Infrastruktur (Hardware, Netzwerke, Standorte), Anwendungen, Schnittstellen, Technologien und Prozessen.

Die Produktionskapsel ist eine funktionelle Einheit von Komponenten, die zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks notwendig ist. Beispielsweise besteht eine Produktionskapsel im Bereich Schleifen aus mindestens einer CNC-Maschine und ist bei Bedarf durch eine Automation, einen Rechner für Edge-Computing oder mehr ergänzt. Das Konzept schränkt den Umfang einer Kapsel bewusst nicht ein, wodurch es sich generisch anwenden lässt. Dies reicht vom einzelnen smarten Sensor bis hin zu gesamten Fertigungsbereichen.

Neben der logischen Abgrenzung thematisiert das Industrie-4.0-Konzept auch die Kapselung der entstehenden Daten. Dabei geht es vor allem um das gezielte Verbergen von Informationen vor unberechtigtem Zugriff sowie um die Definition von Standardschnittstellen (Black-Box-Modell). Außenstehenden ist es nicht möglich, mit einzelnen Komponenten einer Kapsel zu kommunizieren. Sie sehen nur die Daten und Funktionen, die diese bewusst bereitstellt. Zusammen mit einem semantischen Datenmodell wird so die Grundlage für die Standardisierung und Serviceorientierung der Fertigung geschaffen. Mit dem Einsatz von OPC UA steht ein passender Standard zur Verfügung, um das Konzept unter Berücksichtigung der IT-Sicherheit, zu realisieren.

Technisch erfolgt die Kapselung bereits auf Netzwerkebene durch den Einsatz von physischen oder virtuellen Routern mit lokalen Firewalls. Der von außen erreichbare, zentrale Kommunikationspartner einer Kapsel wird als Integrator bezeichnet. Die Aufgabe eines Integrators ist es, die Anbindung der Komponenten zu unterstützen, beispielsweise durch Übersetzung von proprietären Protokollen in OPC UA sowie durch Harmonisierung und Aggregation der Daten. Die (M2M-)Kommunikation der anderen Komponenten innerhalb einer Kapsel bleibt dabei unberührt. Außerdem stellt der Integrator lokale Dienste zur Vorverarbeitung der erfassten Daten oder zur Web-Visualisierung bereit.

Digitalisierung mit Mehrwert

Horn hat bereits den Großteil des Maschinenparks mit Produktionskapseln ausgerüstet. Flexibilität und Skalierbarkeit des Konzepts erlauben die schnelle Anbindung unterschiedlicher Anlagen. In der Produktion des Präzisionswerkzeugherstellers sind das weltweit rund 600 Maschinen und Anlagen. Hinzu kommen Geräte aus anderen Bereichen, zum Beispiel aus der Gebäudeleittechnik.

Die Mehrwerte zeigen sich bei den vielfältigen Herausforderungen der unterschiedlichen Geschäftseinheiten: Für die IT sinkt der Administrationsaufwand, da die Fernwartung automatisiert ist und der Anlagenbediener diese selbst per Schlüsselschalter aktivieren kann. Die IT-Sicherheit erhöht sich durch die netzwerkseitige Isolation der Anlagen, die Kompromittierung einer einzelnen Maschine hat keine Auswirkung auf die restliche Produktion. Der hauseigene Maschinenbau und die Instandhaltung profitieren von einer überschaubaren Lagerhaltung und der Langzeitverfügbarkeit der verbauten und standardisierten Hardware.

Die erfassten Daten lassen sich aufgrund Standardisierung und semantischer Beschreibung automatisiert erfassen und auswerten. Über den Integrator werden die Energie- und Maschinendaten wie Spindeldrehzahl oder Temperaturen zentral erfasst und einheitlich per OPC UA bereitgestellt. Die Lösung ermöglicht die Visualisierung auf Basis der Datenmodelle, zum Beispiel die Statusübersicht aller Maschinen einer Fertigungsstraße.

Die Vernetzung der Anlagen erlaubt es, bestehende Prozesse zu optimieren und zukünftige Fertigungstechnologien neu zu denken. Dadurch wird nicht nur die Lieferperformance verbessert, sondern auch der Weg für noch vielfältigere Werkzeuge geebnet.

Teilen
PDF-Download
Weiterempfehlen
Drucken
Anzeige
Logo Hartmetall-Werkzeugfabrik Paul Horn GmbH
Infos zum Unternehmen
Hartmetall-Werkzeugfabrik Paul Horn GmbH
Horn-Str. 1
D-72072 Tübingen

07071 7004-0

Firmenprofil ansehen
Direktkontakt
*Pflichtfelder