Nutenfertigung: Hobeln im Eilgang

Artikel vom 23. Juli 2021

Beim »Speed-Forming«, dem besonders produktiven Herstellverfahren von tiefen und schmalen Nuten der Paul Horn GmbH, fährt das Werkzeug über das Werkstück und hebt somit wie bei einer Hobelbewegung den Span ab. Der Span wird durch die Schneide erzeugt, die Vorschubgeschwindigkeit generiert die Maschine.

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Bei schmalen und tiefen Nuten kommt das »Speed-Forming«-Verfahren zum Einsatz (Bilder: Horn/Sauermann).

Bei schmalen und tiefen Nuten kommt das »Speed-Forming«-Verfahren zum Einsatz (Bild: Horn/Sauermann).

Dabei findet keine Rotation der Spindel statt. Die Achsen erzeugen die Vorschubgeschwindigkeit. Der Prozess ähnelt auch dem Nutstoßen. Wobei »Speed-Forming« nur für die Außenanwendung auf einer Fräsmaschine vorgesehen ist, wohingegen Nutstoßen bei Innen- und Außenbearbeitungen auf Drehmaschinen zum Einsatz kommt. Durch das spezielle Fertigungsverfahren stellt man schmale und tiefe Nuten her, die beispielsweise ein ungünstiges Durchmesser-Längen-Verhältnis aufweisen, wodurch hier mit einem Fräser nicht effizient gearbeitet werden kann. Aber auch bei Anwendungsfällen, die durch Störkonturen den Einsatz von Scheibenfräsern nicht zulassen, ergibt dieses Verfahren Sinn. Es lässt sich nicht nur für gerade Nuten umsetzen, sondern auch für Formnuten.

Das Werkzeug selbst basiert auf dem Horn-Werkzeugsystem »Typ 105«. Es handelt sich dabei um ein sehr schmales Werkzeug, das jedoch aufgrund der Werkzeuggeometrie besonders stabil ausgelegt ist. Die Geometrie ist eine Schlüsseleigenschaft des Werkzeugs, denn gerade bei schmalen Nuten benötigt man eine Geometrie, die den Span entsprechend verjüngt. Neben Standardwerkzeugen – alle mit Spanformgeometrien ausgestattet – ist das Werkzeug auch kundenspezifisch auf den Anwendungsfall als Sonderwerkzeug erhältlich.

Beispiel aus der Praxis

Als Praxisbeispiel dient ein leicht abgeändertes Kundenbauteil aus dem Werkzeug- und Formenbau. Die Maße der Nut betragen 7 x 2 Millimeter. Ein vorausgegangener Versuch, diese mit einem Schaftfräser zu produzieren, stellte sich als nicht wirtschaftlich heraus, da das Durchmesser-Längen-Verhältnis relativ groß ist. Auch ist die Spindeldrehzahl bei diesem Beispiel begrenzt. Des Weiteren ergeben die Führungsbohrungen eine Störkontur, welche dazu führt, dass ein Scheibenfräser nicht eingesetzt werden kann. Aufgrund dieser Konstellation fiel die Entscheidung zugunsten des »Speed-Forming«-Verfahrens.

Beispiel für ein Kundenbauteil aus dem Werkzeug- und Formenbau (leicht abgewandelt; Bild: Horn/Sauermann).

Beispiel für ein Kundenbauteil aus dem Werkzeug- und Formenbau (leicht abgewandelt; Bild: Horn/Sauermann).

Der Prozess startet in der mittig gesetzten Führungsbohrung in Z-Richtung. Da das Werkzeug sehr schmal ist, beträgt die Spandicke 0,03 Millimeter. Bei einem breiteren Werkzeug sind Spandicken von bis zu 0,15 Millimeter pro Hub möglich, je nach Material. Die Maschine generiert eine Schnittgeschwindigkeit von 60 Metern pro Minute. Diese ist jeweils von der Maschine und deren Dynamik abhängig.

Grundsätzlich kommt bei dieser Art der Zerspanung ein Kühlschmierstoff zum Einsatz. Daher sind alle Werkzeughalter mit Innenkühlung ausgelegt, um hier eine effiziente Kühlung an der Schneide gewährleisten zu können. Des Weiteren ist es bei Positionierung des Werkzeugs in Bearbeitungsrichtung wichtig, dass die Achse geklemmt wird, damit das Werkzeug stabil läuft. Welche Nuten bearbeitet werden können, ob gerade, wellige oder kreisförmige Nuten, hängt maßgeblich von der Steuerung der Maschine ab. Die Maschine muss beispielsweise sicherstellen, dass beim Fahren eines Bogens das Werkzeug dementsprechend nachgeführt wird. Einige Maschinenhersteller bieten bereits entsprechende Zyklen an.

Kühlung für eine noch höhere Effizienz (Bild: Horn/Sauermann).

Kühlung für eine noch höhere Effizienz (Bild: Horn/Sauermann).

Beim konkreten Beispielbauteil ergab sich eine Zeiteinsparung von 52 Prozent im Vergleich zum Fräsen, was bei einem Auftragsvolumen von 100 Bauteilen acht Stunden freiwerdende Maschinenkapazität ausmacht. Neben der Zeiteinsparung war die Prozesssicherheit ein wichtiger Faktor. Diese erwies sich gegenüber dem Fräsen als deutlich stabiler, da aufgrund des Durchmesser-Längen-Verhältnisses die vormals eingesetzten Fräser oft brachen. Auslöser waren in der Nut verbleibende Späne. Gerade hier spielt die Spanformgeometrie beim »Speed-Forming« ihre Vorteile aus.

Das Verfahren im Überblick

Für die produktive Herstellung von schmalen und tiefen Nuten in kubischen Werkstücken hat die Paul Horn GmbH Werkzeuge für das Verfahren entwickelt. Für tiefe und schmale Nuten von zwei bis drei Millimetern Breite kommen im Werkzeug- und Formenbau meistens Fräser mit einem großen Längen- und Durchmesserverhältnis zum Einsatz. Aufgrund der hohen Bruchgefahr sind Vorschub und Zustellung relativ klein zu wählen.

Horn bietet mit den Werkzeugen des »Speed-Forming«-Verfahrens (Hobeln) die Möglichkeit, Nuten bis 20 Millimeter Tiefe kostengünstig und schnell herzustellen. Die Werkzeuge basieren auf dem System »Supermini Typ 105«. Ähnlich wie beim Nutstoßen verfährt das Werkzeug auf einer programmierten Bahn bei fest ausgerichteter Werkzeugspindel. Die Zustellung der einzelnen Hübe liegt bei maximal 0,3 Millimetern bei einer Vorschubgeschwindigkeit im Eilgang der Maschine, maximal 60 Meter pro Minute. In einer Kombination mit einem Zyklus bietet sich die Möglichkeit, auch bogen- oder wellenförmige Nuten zu fertigen. Dieser Zyklus ermöglicht beispielsweise das produktive Herstellen von Kühl- oder Versteifungsrippen an einem Gehäuse. Bei entsprechenden Maschinen und Bauteilen erzielen die Werkzeuge kürzere Bearbeitungszeiten, da die Tropfenform des »Supermini«-Werkzeugsystems höheren Belastungen standhält und damit auch eine Zustellung in Schnittrichtung zulässt. Für bogenförmige Nuten sind die ersten Maschinenhersteller dabei, entsprechende Zyklen zu entwickeln. Das Programmieren von geraden Nuten stellt erfahrene CNC-Programmierer vor keine große Herausforderung. Alle Trägervarianten besitzen eine innere Kühlmittelzufuhr.

Werkzeug basiert auf dem Werkzeugsystem »105«. Trotz der schmalen Schneidenbreite ist das Werkzeug durch die Tropfenform stabil (Bild: Horn/Sauermann).

Werkzeug basiert auf dem Werkzeugsystem »105«. Trotz der schmalen Schneidenbreite ist das Werkzeug durch die Tropfenform stabil (Bild: Horn/Sauermann).

Das passende Werkzeugsystem

Mit dem System »Supermini Typ 105« bietet Horn die passenden Werkzeuge für das Verfahren an. Das Werkzeugsystem wurde ursprünglich für die Bearbeitung kleiner Bohrungen entwickelt: Ausdrehen ab Bohrungsdurchmesser 0,2 Millimeter, Einstechen ab Bohrungsdurchmesser zwei Millimeter oder Stoßen von Innennuten. Trotz der schmalen Schneidenbreite sind die Werkzeuge durch die Tropfenform sehr stabil. Das System umfasst verschiedene Halter und Schneidplatten.

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