Roboterintegration 4.0

Artikel vom 21. November 2019
Steuerungen/SPS/PLC

Majatronic, Hersteller von Kinematiken für steuerungsunabhängige Delta- und Duopod-Roboter, erweiterte sein Portfolio um Knickarmmechaniken. Maschinenbauer können damit auch Funktionen wie das Beschicken oder Palettieren nahtlos in ihre bevorzugte Maschinensteuerung integrieren. Mithilfe von »mapp Technology«-gelingt das bei B&R-Steuerungen besonders schnell und einfach, wie das Beispiel eines 6-Achs-Knickarmroboters zeigt.

Majatronic bietet jetzt auch steuerungsunabhängige 6-Achs-Knickarmroboter, die sich problemlos in B&R-Maschinensteuerungen integrieren lassen. Bild: Majatronic

Majatronic bietet jetzt auch steuerungsunabhängige 6-Achs-Knickarmroboter, die sich problemlos in B&R-Maschinensteuerungen integrieren lassen. Bild: Majatronic

Üblicherweise kann die Robotermechanik nicht getrennt von der Robotersteuerung bezogen werden. Doch immer mehr Maschinen- und Anlagenbauer wollen Mechanik und Steuerung nicht im Bundle kaufen und sehen sich nach Alternativen um. Getrennte Steuerungen für Maschine und Roboter bedeuten mehr Aufwand für das Engineering, die Inbetriebnahme und die Wartung sowie die Ersatzteilhaltung. Darüber hinaus können die Latenzzeiten der Schnittstelle zwischen Roboter- und Maschinensteuerung die Synchronisation der Roboterbewegungen mit Maschinenprozessen wie der Bewegung eines Förderbands erschweren. In diese Marktlücke stoßen Anbieter wie Majatronic. Das Unternehmen, eine Tochter des deutschen Maschinenbauers Maja, hat seit seinem Markteintritt im Jahr 2010 etwa 150 verschiedene Delta- und Duopod-Roboterkinematiken entwickelt und ins Lieferprogramm aufgenommen. Diese decken Arbeitsbereiche von 20 bis 200 Zentimeter und Nenntraglasten von 0,5 bis 350 Kilogramm ab. Das Besondere an allen Robotern ist, dass die robusten Robotermechaniken ohne Steuerung und Antrieb oder sonstiges Zubehör unter dem Markennamen »Autonox24« angeboten werden.

Damit die Käufer die Robotermechaniken »made in Germany« möglichst problemlos in ihre Maschinen und Anlagen integrieren können, arbeitet der Anbieter eng mit Steuerungsanbietern wie B&R zusammen, die bereits seit mehreren Jahren entsprechend leistungsfähige Steuerungen im Portfolio haben. Der Roboterhersteller gibt zu jeder Steuerung Empfehlungen zu verwendbaren Motoren, sodass Anwender die Motoren nicht selbst auslegen müssen beziehungsweise eine getestete Kombination als Ausgangspunkt für weitere Optimierungen verwenden können. Dieses Angebot hat schon viele qualitätsbewusste Maschinenbauer überzeugt, wie Hartmut Ilch berichtet, geschäftsführender Gesellschafter der Majatronic GmbH: »Über 700 Roboter aus unserer Produktion arbeiten heute in Kundenmaschinen.« Zu einem guten Teil sind das Verpackungsmaschinen, die in der Lebensmittelindustrie eingesetzt werden. Dort liegen auch die Anfänge von »Autonox24«. Der erste Roboter, den das Unternehmen im Auftrag der Muttergesellschaft entwickelte, war ein Deltaroboter im Hygienedesign. »Schnell hat sich aber gezeigt, dass sich die Maschinenbauer für unser steuerungsunabhängiges Konzept begeisterten und sich auch Roboter fürs Verpacken und Sortieren in Umgebungen wünschten, die kein Hygienedesign erfordern«, sagt Ilch.

Mit dem Scene-Viewer kann die Roboteranwendung vorab getestet und die erforderliche Zeit für die Inbetriebnahme an der Maschine verkürzt werden. Bild: B&R

Mit dem Scene-Viewer kann die Roboteranwendung vorab getestet und die erforderliche Zeit für die Inbetriebnahme an der Maschine verkürzt werden. Bild: B&R

In den letzten Jahren wurden verstärkt Stimmen laut, die ein Ausdehnen des Konzepts der steuerungsunabhängigen Roboter auf Knickarmroboter forderten. Ziel war es, auch Operationen wie das Palettieren im Rahmen der Maschinensteuerung abdecken zu können. Majatronic hat diesen Wunsch aufgegriffen und mit Unterstützung von vier namhaften Pilotkunden, die bislang Roboter mit separater Robotersteuerung im Einsatz hatten, die Entwicklung von 6-Achs-Knickarmrobotern in Angriff genommen. Die ersten beiden Mitglieder der so entstandenen »articc«-Familie sind ein 6-Achs-Roboter mit 20 Kilogramm Traglast und einem Arbeitsbereich von 4 Metern sowie eine kleinere Variante mit 8 Kilogramm Traglast und einem Arbeitsbereich von 2 Metern.

Robotik-Anwendung mit »mapp Robotics«

Von Anfang an war bei diesen Neuentwicklungen B&R mit an Bord. Waldemar Salzsehler, Applikationsingenieur aus dem Technischen Büro Heilbronn, übernahm für Majatronic mithilfe der Engineering-Umgebung »Automation Studio« die Programmierung eines Dauertests für den ersten Prototyp des 20-Kilogramm-Roboters sowie eines Messe-Showcases. Der Kern der Roboteranwendung wurde mit »mapp Robotics« abgebildet, das Teil der modularen »mapp«-Technologie von B&R ist. »Mapp Robotics« umfasst modulare Funktionsblöcke und Datenstrukturen für die Roboterprogrammierung sowie bereits vordefinierte Kinematikmodelle. Diese enthalten alle erforderlichen Informationen für die Rückwärtstransformation.

Die mit »mapp View« erstellte Bedienerschnittstelle für den Roboter-Showcase basiert auf moderner Web-Technik und lässt sich mit jedem browserfähigen Gerät aufrufen. Bild: B&R

Die mit »mapp View« erstellte Bedienerschnittstelle für den Roboter-Showcase basiert auf moderner Web-Technik und lässt sich mit jedem browserfähigen Gerät aufrufen. Bild: B&R

Für nicht vorerstellte Kinematiken lässt sich mit dem Scene-Viewer, der ebenfalls Bestandteil von »Automation Studio« ist, aus den CAD-Daten der Mechanik ein Modell einschließlich der Transformationsparameter erstellen. Darauf aufbauend können Anwender ohne reale Robotermechanik vorab eine virtuelle Inbetriebnahme durchführen und so die Bewegungen des Roboters beobachten und aufzeichnen.

Inbetriebnahme in 4 Stunden ohne spezielles Knowhow

Für die eigentliche Roboteranwendung bringt »mapp Robotics« bereits viele der Kernfunktionen mit. Diese müssen nicht mehr vom Anwender ausprogrammiert werden. Dazu zählen Funktionen zum Start des Programms, zum Ausführen einer linearen Bewegung, zum Einschalten aller Regler oder zum Referenzieren der Achsen. Spezielles Roboter-Knowhow ist damit nicht mehr erforderlich. Auch für die meisten weiteren Elemente einer Robotersteuerungsanwendung, beispielsweise die Benutzerverwaltung, das Alarm-Handling, die Zustandsmaschine oder die Visualisierung, stehen entsprechende Module zur Verfügung, sodass der Programmieraufwand insgesamt deutlich geringer ausfällt als bei einem konventionellen Programmieransatz.

Auf diesem Fundament aufbauend, erstellte der Applikationsingenieur von B&R in einem ersten Schritt innerhalb einer knappen Woche das Modell der Kinematik, die Basissoftware sowie die Visualisierung und nahm den Roboter virtuell in Betrieb. Als der Prototyp bei Majatronic dann stand – Robotermechanik samt B&R-Steuerung, wie ein Pilotkunde sie aktuell in seinen Maschinen im Einsatz hat –, schloss sich im zweiten Schritt die eigentliche Inbetriebnahme des Roboters an. »Schon nach vier Stunden lief der Roboter. Die kurze Inbetriebnahmezeit und die Qualität der Bahnführung haben uns sofort begeistert. B&R nimmt damit aus unserer Sicht eine Spitzenposition unter den Steuerungsherstellern ein«, sagt Ilch.

Einschließlich NC-Programmierung und Dauerlauftest, bei dem alle Positionen durchfahren und dabei alle Achsen mit maximaler Geschwindigkeit und Beschleunigung bewegt werden, investierte Salzsehler für die Inbetriebnahme insgesamt nur drei Tage vor Ort. Die so geschaffene, modulare Lösung konnte er bei der Erstellung des Showcases für den 6-Achs-Roboter wiederverwenden und so in einem Tag umsetzen. Der modulare Aufbau von »mapp Technology« erlaubt es zudem, die Anwendung bei Bedarf einfach zu erweitern und beispielsweise Förderbänder oder andere Maschinenkomponenten auf der gleichen Steuerungsplattform zu integrieren.

Nachhaltiger Trend zur integrierten Lösung

»Diese enge Integration von Roboter und Maschinenkomponenten bietet beste Voraussetzung für die Umsetzung von Industrie-4.0-Konzepten. Sie wirkt sich zudem positiv auf die Leistungsfähigkeit der Gesamtmaschine aus«, erläutert Ilch. »Wir konnten in einem Benchmark zeigen, dass der Anwender mit unserem Konzept die Performance einer bestehenden Anlage auf einen Schlag um gut 50 Prozent steigern kann.« Die Folge: Sowohl der Standardsteuerungshersteller als auch der Standardroboterhersteller kamen nicht mehr zum Zug. »Wegen der Vorteile eines steuerungsunabhängigen Roboters werden wir diese Entwicklung zukünftig bei immer mehr Maschinen- und Anlagenbauern sehen«, blickt der Geschäftsführer von Majatronic erwartungsvoll in die Zukunft.

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