Schneller zum nachgeschliffenen Werkzeug

Artikel vom 23. November 2019
Software für die digitale Fabrik

Nachschleifen und Wiederbeschichten von Werkzeugen in Herstellerqualität sind essenziell, um weiterhin das volle Potenzial der Werkzeuge zu nutzen. Kritisch beim Prozess rund um das Wiederaufbereiten sind oft die Erfassung und Verwaltung der Werkzeuge beim nachschleifenden Unternehmen. Eine Open-Cloud-Plattform schafft Transparenz und sorgt für schnellere Bearbeitung.

Rund 6000 Werkzeuge werden wöchentlich bei Miller in Originalqualität nachgeschliffen. Bild: Mapal/c-Com

Rund 6000 Werkzeuge werden wöchentlich bei Miller in Originalqualität nachgeschliffen. Bild: Mapal/c-Com

Rund 6000 Werkzeuge treffen jede Woche zum Nachschleifen bei der Miller GmbH & Co. KG in Altenstadt ein. »Beim Wiederaufbereiten von Werkzeugen beobachten wir ein starkes Wachstum von rund 20 Prozent jährlich«, sagt Stephan Loska, Director Technical Projects and International Service des Herstellers von Vollhartmetallwerkzeugen. Und so ist über die Jahre eine »Firma in der Firma« entstanden, die sich ausschließlich dem Nachschleifen der Bohrer und Fräser aus Vollhartmetall widmet. Dabei kommen genau die gleichen Maschinen, Programme sowie Schleifscheiben wie bei der Fertigung der Neuwerkzeuge zum Einsatz. »So stellen wir verlässlich die Wiederaufbereitung in Herstellerqualität sicher«, betont Loska. Im Dreischichtbetrieb arbeiten dort rund 30 Mitarbeiter an den Maschinen. Zusätzlich sind vier Mitarbeiter im Wareneingang sowie fünf im Kundenservice ausschließlich für den Nachschleifbereich tätig. 2018 standen die Verantwortlichen vor der Aufgabe, trotz der starken Zunahme an Aufträgen sicherzustellen, dass Kunden nur wenige Tage auf ihr wiederaufbereitetes Werkzeug warten müssen. »Es war klar, dass wir entweder unsere Kapazitäten deutlich ausbauen oder aber unsere Prozesse weiterentwickeln und vereinfachen müssten«, erklärt Loska. Besonders der Wareneingang bot dabei großes Potenzial.

»Pakete kommen teilweise mit unterschiedlichen Werkzeugen unsortiert bei uns an«, erläutert Tobias Spiegl, der bei Miller im Nachschleifbereich für den Kundenservice zuständig ist. Die einzigen Daten zu diesen Werkzeugen befinden sich, wenn überhaupt, ausgedruckt auf dem Lieferschein. »Für unsere Mitarbeiter hieß das also, alle Werkzeuge zu sortieren und ihre Materialnummern, die bei kleinen Durchmessern oft nur mit der Lupe lesbar sind, mit den Positionen auf dem Lieferschein abzugleichen«, beschreibt er den Vorgang. Anschließend steht die Prüfung der Werkzeuge auf Nachschleifbarkeit auf dem Plan. Ausschlusskriterien können dabei der Zustand der Werkzeuge, die Mindestlänge oder Kundenvorgaben wie die maximale Anzahl an Nachschliffen sein. Nach der Identifikation der Werkzeuge, der Prüfung, ob die Positionen und die Stückzahlen mit dem Lieferschein übereinstimmen, und der sogenannten »Befundung«, also der Prüfung auf Nachschleifbarkeit, mussten all diese Daten manuell in das ERP-System (SAP) eingepflegt werden, um eine entsprechende Servicemeldung sowie die Auftragsbestätigung erstellen zu können.

Manueller Prozess: aufwendig und fehleranfällig

»Bei einer Lieferung mit 80 Werkzeugen dauerte dieser weitestgehend manuelle Prozess rund zwei Stunden«, gibt Tobias Spiegl zu bedenken. Neben dem hohen Zeitaufwand war dieses Vorgehen zudem anfällig für Tipp- oder Übertragungsfehler. »Als Mitglied der Mapal-Gruppe lernten wir sehr früh das Nachschliffmanagement der c-Com GmbH kennen«, erinnert sich Stephan Loska. Schnell stellten die Verantwortlichen fest, dass das Modul der Plattform »c-Com« genau die Prozesse abbildet, die bei Miller gefragt sind. »In enger Kooperation mit dem Anbieter haben wir das Modul speziell auf unsere Bedürfnisse angepasst und so nach und nach den gesamten Prozess digitalisiert«, sagt Loska. Anfang 2019 ging das Nachschliffmanagement-Modul produktiv.

Dank »c-Com« und dem eigens entwickelten Scanner geht die Erfassung im Wareneingang deutlich schneller als beim manuellen Prozess. Bild: Mapal/c-Com

Dank »c-Com« und dem eigens entwickelten Scanner geht die Erfassung im Wareneingang deutlich schneller als beim manuellen Prozess. Bild: Mapal/c-Com

»Seitdem sieht der Prozess für die Werkzeuge von drei Pilotkunden komplett anders aus«, erzählt Spiegl begeistert. Nach wie vor kommen die Werkzeuge unsortiert und lediglich mit den gedruckten Daten auf dem Lieferschein im Wareneingang an, aber da enden schon die Gemeinsamkeiten zum manuellen Prozess. »Als Erstes scannt der Mitarbeiter im Wareneingang den Lieferschein ein. Über eine Texterkennung werden alle Daten automatisch in ›c-Com‹ übernommen«, sagt Spiegl. Dies betrifft sowohl die Stückzahlen als auch die Positionen und die Kundendaten. Die Werkzeuge der drei Pilotkunden sind allesamt mit einem Data-Matrix-Code versehen, der sie eindeutig identifizierbar macht.

Über einen eigens entwickelten Scanner lesen die Mitarbeiter im Wareneingang alle Werkzeuge der jeweiligen Lieferung ein. »Den Scanner haben wir speziell entwickelt, um die Erkennungszeit der mit bloßem Auge kaum erkennbaren Codes minimal zu halten«, so Loska. Automatisch werden die Werkzeuge den unterschiedlichen Positionen auf dem digitalisierten Lieferschein zugeordnet. Sind alle Werkzeuge gescannt, ist farblich hinterlegt direkt ersichtlich, ob alle Positionen auf dem Lieferschein vollständig vorhanden sind. Das Modul korrespondiert ständig mit SAP und so kann automatisch mit einem Klick die interne Servicemeldung erstellt werden. »Mit ›c-Com‹ haben wir zudem direkt auf Etiketten umgestellt«, ergänzt Spiegl. Statt also mehrere A4-Papierbögen zum Auftrag zu legen, wird heute lediglich ein Etikett erzeugt und auf die entsprechende Kiste geklebt.

Per Knopfdruck werden Messergebnisse vom Bluetooth-Messschieber übertragen. Bild: Mapal/c-Com

Per Knopfdruck werden Messergebnisse vom Bluetooth-Messschieber übertragen. Bild: Mapal/c-Com

Am Befundungsplatz wird dieses Etikett gescannt und die Werkzeuge werden auf Nachschleifbarkeit geprüft. Dabei sind alle Kriterien zum jeweiligen Werkzeug sowie alle Ausschlusskriterien in der Nachschliff-Software hinterlegt. Erneut scannt der Mitarbeiter also das Werkzeug und bekommt direkt angezeigt, dass dieses beispielsweise auf die Mindestlänge hin geprüft werden muss. Über einen Bluetooth-Messschieber, der mit der Software vernetzt ist, misst der Mitarbeiter das Werkzeug und überträgt das Ergebnis per Knopfdruck an diese. Dort wird automatisch der Soll- mit dem Istwert verglichen und angezeigt, ob das Werkzeug nachgeschliffen werden kann oder nicht. Stellt der Mitarbeiter beispielsweise Ausbrüche an der Schneide fest, wählt er diese aus den hinterlegten Ausschlusskriterien aus. Sind alle Werkzeuge geprüft, wird per Mausklick die Auftragsbestätigung erstellt. Automatisch ist dort ersichtlich, welche Werkzeuge aus welchem Grund nicht nachgeschliffen werden können.

93 % Zeitersparnis gegenüber dem manuellen Prozess

»Wenn wir erneut das Beispiel mit 80 Werkzeugen heranziehen, benötigen wir mit dem neuen Prozess statt der bisherigen zwei Stunden nur noch 15 Minuten«, fasst Stephan Loska die beeindruckende Zeitersparnis zusammen. Vorteilhaft ist dabei nicht nur der deutlich reduzierte administrative Aufwand, sondern auch die Kapazitäten der Mitarbeiter, die dadurch frei werden. »Die Mitarbeiter müssen nicht mehr stundenlang Daten in SAP einpflegen, sondern können für abwechslungsreichere und anspruchsvollere Aufgaben eingesetzt werden«, sagt Loska. Nicht allein deshalb seien die Mitarbeiter im Wareneingang vom Nachschliffmanagement begeistert. Trotz des hohen Automatisierungsgrads besteht zudem jederzeit die Möglichkeit, manuell in den Prozess einzugreifen.

Ein weiterer und für Loska der wichtigste Vorteil, den der neue Prozess bietet, ist die Transparenz für den Kunden: »Über das Serviceportal von ›c-Com‹ ist jederzeit ersichtlich, wo sich welches Werkzeug befindet, wie oft welches Werkzeug bereits nachgeschliffen wurde beziehungsweise warum ein bestimmtes Werkzeug nicht mehr nachgeschliffen werden kann.« So hat der Kunde jederzeit den kompletten Überblick und kann die Historie jedes Werkzeugs nachvollziehen, und es ist auch möglich, den besten Zeitpunkt zu bestimmen, um Werkzeuge nachzubestellen. »Wir können viel mehr Transparenz bieten und deutlich offener gegenüber den Kunden agieren – und das kommt sehr gut an«, freut sich Loska. Und so weitet Miller den Einsatz von »c-Com« im gesamten Werk sukzessive aus, beispielsweise um Messergebnisse direkt vom Einstellgerät an die Maschine zu übertragen.

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