Wenn aus einer Skizze Realität wird

Artikel vom 8. Dezember 2022
Robotersysteme

Der hessische Zerspanungsspezialist und Zulieferer für den Werkzeug-, Formen- und Maschinenbau, die Firma Hetec GmbH, hat ihre Produktion mit einem Palettenhandhabungssystem von Liebherr automatisiert. Das Unternehmen fertigt fast ausschließlich Einzelteile und Kleinserien bei langen Spindellaufzeiten und ist damit auf den ersten Blick kein klassischer Automationskunde. Dennoch erwies sich die Investition in eine flexible Automation als richtige Entscheidung.

Das modulare Konzept des Palettenhandhabungssystems erlaubte, die Maschinen sukzessive anzuschließen sowie das Layout der Anlage individuell an die Platzverhältnisse und Bedürfnisse anzupassen (Bild: Liebherr).

Das modulare Konzept des Palettenhandhabungssystems erlaubte, die Maschinen sukzessive anzuschließen sowie das Layout der Anlage individuell an die Platzverhältnisse und Bedürfnisse anzupassen (Bild: Liebherr).

Auf einem Blatt Papier fing alles an: Mit einer Bleistiftskizze aus vier Rechtecken wurde die Idee einer Anlage mit drei 5-Achs-Bearbeitungszentren »G751« von Grob und einem Linearspeicher geboren. Friedhelm, Günter und Tom Herhaus, die Geschäftsführer der Hetec GmbH, hatten sich intensive Gedanken über die Anforderungen und das Layout einer solchen Anlage gemacht und waren bereit, auch die entsprechenden Rahmenbedingungen in der Peripherie zu schaffen. Ziel war die höchstmögliche Flexibilisierung der Auftragsbearbeitung für die Just-in-time-Produktion.

Dank seiner überlagerten Dreh- und Schwenk-bewegungen ermöglicht das Regalbediengerät die Schrägbeladung der Maschinen (Bild: Liebherr).

Dank seiner überlagerten Dreh- und Schwenk-bewegungen ermöglicht das Regalbediengerät die Schrägbeladung der Maschinen (Bild: Liebherr).

Das im Jahr 1998 gegründete Unternehmen ist auf anspruchsvolle 5-Achs-Fräsbearbeitung spezialisiert, vor allem von komplexen Komponenten für den Werkzeug- und Formenbau sowie für den allgemeinen Maschinenbau. Es werden fast ausschließlich Einzelteile und Kleinserien bearbeitet. Ein moderner Maschinenpark aus 5-Achs-Bearbeitungszentren gewährleistet die geforderte Präzision bis hin zu Toleranzen im Mikrometerbereich.

Die Arbeitsabläufe in der modernen Fertigungshalle sind durchdacht: Jedes Werkzeug wird elektronisch erfasst und ist universell in jeder Maschine einsetzbar, was für sehr kurze Umrüstzeiten sorgt. Das Auftragsmanagement für die einzelnen Werkstücke ist digitalisiert: Jedes Bauteil erhält eine Materialbegleitkarte mit einem Barcode, die alle gespeicherten Informationen enthält und bei Änderungen schnell aktualisiert werden kann. Über eine App des Maschinenherstellers lässt sich zudem der aktuelle Zustand einer Anlage jederzeit überprüfen, auf Warnungen kann sofort reagiert werden.

Wunsch nach mehr Flexibilisierung

Bei einer großen Teilevielfalt ist die hochpräzise Just-in-time-Fertigung eine Grundvoraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg. Das funktioniert nur mit einem entsprechenden Auftragsmanagement und hoher Flexibilität. Der Weg zur Automation als Lösung für diese Herausforderung war eine schrittweise Entwicklung: Zunächst hatte das Unternehmen in ein Nullpunkt-Spannsystem investiert, das später um ein Bearbeitungszentrum »G551« von Grob mit Palettenwechsler ergänzt wurde, um auch am Wochenende durchgehend fertigen zu können.

Doch die Idee einer weitergehenden Flexibilisierung ließ den Geschäftsführern keine Ruhe. Die Lösung, drei baugleiche 5-Achs-Bearbeitungszentren an einen Linearspeicher anzuschließen, um die Paletten flexibel in jeder Maschine einsetzen zu können, schien perfekt – existierte aber nur als Bleistiftskizze. »Hetec kam mit dieser Wunschvorstellung auf mich zu und beauftragte mich mit der Suche nach den geeigneten Projektpartnern«, erzählt Hans-Hermann Rink, Leiter der Rink Werkzeugmaschinen in Hessen. Nach einem Benchmark war die Entscheidung für das Palettenhandhabungssystem »PHS 1500 Allround« von Liebherr schnell getroffen, die Auswahl des Leitrechnersystems Procam folgte bald darauf. Für diese Entscheidung sprachen das modulare Konzept, das erlaubte, die Maschinen sukzessive anzuschließen, und die Möglichkeit, das Layout der Anlage individuell an die Platzverhältnisse und Bedürfnisse von Hetec anzupassen. Auch hatte der Anbieter die Programmier- und Fertigungsphilosophie von Hetec verstanden und konnte sie flexibel umsetzen.

Optimierte Maschinenauslastung und Teileverfügbarkeit

»Viele Bauteile, die wir bearbeiten, werden nur einmal hergestellt. Das ›PHS Allround‹ erweitert die Teileverfügbarkeit und die Lagerkapazitäten, der Linearspeicher sorgt für maximale Flexibilität: Wir können jederzeit völlig frei und ohne Maschinenstillstand beim Umspannen entscheiden, auf welcher der drei Grob-›G751‹ ein Teil bearbeitet wird. Damit haben wir die Auslastung unserer Maschinen deutlich verbessert. Über den Procam-Leitrechner verknüpft der Bediener die NC-Programme mit den Paletten und organisiert die Arbeitsabläufe. Auch kurzfristige Aktualisierungen oder Änderungswünsche sind kein Problem«, schildert Geschäftsführer Tom Herhaus.

V. l. n. r.: Tom und Friedhelm Herhaus, Geschäftsführer der Hetec GmbH; Agnes Schauppel, Produktmanagerin Automationssysteme bei Liebherr; Hans-Hermann Rink, Rink Werkzeugmaschinen (Bild: Liebherr).

V. l. n. r.: Tom und Friedhelm Herhaus, Geschäftsführer der Hetec GmbH; Agnes Schauppel, Produktmanagerin Automationssysteme bei Liebherr; Hans-Hermann Rink, Rink Werkzeugmaschinen (Bild: Liebherr).

Weitere Vorteile der Anlage sind das kompakte und platzsparende Layout mit zwei stirnseitigen Rüstplätzen sowie der Frontzugang mit der Möglichkeit, einzelne Maschinen aus dem Betrieb auszukoppeln. Da das Bedienpersonal die Bauteilkontrolle direkt im Arbeitsraum der Maschine durchführt, ist die Zugänglichkeit der Maschinen ein zentraler Punkt. Eine durchdachte Integration des ERP-Systems mit dem Leitrechner ermöglicht eine durchgängige digitale Auftragsabwicklung.

Das Auftragsmanagementsystem ist eine auf das Unternehmen zugeschnittene Eigenentwicklung. »Damit haben wir uns bei Procam und Liebherr sehr gut aufgehoben gefühlt«, erzählt Tom Herhaus. »Beide sind zu hundert Prozent auf unsere Wünsche eingegangen. Auch bei Sonderwünschen hieß es immer: Das machen wir.« Dazu gehören beispielsweise ein Rüstplatz mit hydraulischer Klemmung sowie die Möglichkeit der gewichtsoptimierten Kalibrierung einer Maschine.

Von vorne bis hinten durchdacht

Im Frühjahr 2017 saßen die Projektpartner erstmals gemeinsam am Tisch und begannen mit der Planung, die viel Koordination und Abstimmung hinsichtlich Datensicherheit und -schnittstellen sowie Maschinenkonformität erforderte. Um die Umgebungsbedingungen für höchstmögliche Präzision zu schaffen, hatte Hetec nichts dem Zufall überlassen und im Vorfeld der Investition für eine temperaturstabile Umgebung gesorgt.

Im Dezember 2018 wurde die erste Grob-»G751« an das »PHS 1500 Allround« angeschlossen, im Februar 2021 komplettierte das dritte Bearbeitungszentrum die Anlage. »Das ›PHS 1500 Allround‹ war gerade ganz neu auf den Markt gekommen und passte mit seiner Gewichtsklasse gut zu unseren Bauteilen«, erinnert sich Tom Herhaus. »Beeindruckend für mich war die große Flexibilität unserer Projektpartner und das selbstverständliche Eingehen auf unsere Wünsche und Vorstellungen.« Dies galt auch bei Schwierigkeiten: »Was uns beeindruckt hat, waren die kompetente Problemlösung und die schnellen Reaktionszeiten. Liebherr war in dieser Hinsicht vorbildlich. Der Remote-Support hat hervorragend funktioniert. Der Service war immer besetzt und hat innerhalb kürzester Zeit reagiert – für uns extrem wichtig, um Stillstandzeiten zu minimieren.«

Qualität, Flexibilität und individuelles Eingehen auf Kundenwünsche hebt Herhaus daher als besondere Stärke aller am Projekt beteiligten Unternehmen hervor: »Uns überzeugt die robuste, solide Verarbeitung und absolute Zuverlässigkeit der Anlage. Liebherr war sogar so flexibel, auch auf unsere Designwünsche bei der Farbgebung einzugehen«, setzt er augenzwinkernd hinzu. »Die Anlage ist unser ›Showcase‹«.

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