Verband der Deutschen Drehteile-Industrie ist trotz guter Auftragslage vorsichtig
Sonstige Dienstleistungen / Verbände
Personalmangel, Materialengpässe und hohe Energiekosten sind die Themen, die den Mitgliedsfirmen des Verbands der Deutschen Drehteile-Industrie Sorge bereiten. Die Auftragslage ist bei den meisten Unternehmen, die zu Beginn der Frühjahrstagung befragt wurden, sehr gut, trotzdem sind die Firmen mit Prognosen für dieses Jahr sehr zurückhaltend.
Zur diesjährigen Mitgliederversammlung des Verbands der Deutschen Drehteile-Industrie in Stuttgart kamen rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Dass trotz gefüllter Auftragsbücher wenig Anlass für Optimismus besteht, bestätigten die Drehteilehersteller, Maschinenbauer und Komponentenentwickler sowie Werkzeugspezialisten beim ersten Austausch in der Runde. Die Firmenvertreter aus Deutschland, Italien, der Schweiz und den Niederlanden waren sich einig, dass sie überaus vorsichtig sein müssen. Prognosen und Planungen seien im Moment sehr schwierig, und mit Investitionen hielten sich die Unternehmen zurück. »Die Aussichten sind trüb, deshalb fliegen wir alle extrem auf Sicht«, beschrieb der Verbandsvorsitzende Thilo Karrenberg den Zustand.
Dass der persönliche Austausch gerade in schwierigen Zeiten besonders wichtig war, zeigten die regen Diskussionen im Anschluss an die beiden ersten Fachvorträge zu den Themen Energie und Recht. Hier unterstützten die Experten mit hilfreichen Tipps und Empfehlungen, wie die Verantwortlichen mit steigenden Strompreisen, einer möglichen Gasmangellage und aktuellen Rechtsfragen umgehen können. Auf großes Interesse stießen auch die Beiträge am Nachmittag zu künstlicher Intelligenz und automatisierter Produktion. Alle waren sich einig, dass das Potenzial dieser Technologien für die zerspanende Be- und Verarbeitung noch lange nicht ausgeschöpft sei.
Unternehmen hoffen auf sinkende Materialpreise
Die Probleme aus dem Jahr 2021 haben sich für die Unternehmen in diesem Jahr durch den Ukraine-Krieg noch verschärft. »Nach wie vor dominieren die hohen Materialkosten und die Lieferengpässe den Alltag vieler Mitglieder«, fasste Verbandsgeschäftsführer Werner Liebmann das Stimmungsbild der Mitglieder zusammen. »Und jetzt sind mit den gestiegenen Energiepreisen und dem hohen Krankenstand im ersten Quartal neue Unwägbarkeiten dazu gekommen.«
Auch Auftragseingang und Umsatz stimmten nicht wirklich positiv. 2021 steigerte sich der Auftragseingang nach zwei rückläufigen Jahren stark, wohingegen der Umsatz deutlich zurückblieb. Im ersten Quartal dieses Jahres war jedoch keine Steigerung beim Auftragseingang, aber dafür ein Umsatzplus zu verzeichnen. »Das ist allerdings auf die um 34 % gestiegenen Materialkosten zurückzuführen«, erklärte Liebmann. Der Exportanteil blieb relativ konstant mit 37,5 %. »Große Sorge bereiten uns die Investitionen, die seit 2020 stark abfallen. Das wird im zweiten Quartal noch weniger werden, weil alle ihre Ausgaben vorsichtshalber runterfahren«, so Liebmann. Bei den Energiepreisen sei in absehbarer Zeit keine Entspannung zu erwarten, man sei aber zuversichtlich, dass die Materialpreise wieder sinken werden, worauf die aktuelle Situation an der Börse hindeute.
Workshop zu Nachfolge und Change-Management
Personalprobleme haben alle Unternehmen. »Hier spüren wir ganz deutlich die Auswirkungen von Corona. Es gab keine Ausbildungsmessen, auf denen wir uns als Arbeitgeber präsentieren konnten. Und wir durften nicht mal Praktika anbieten«, bestätigt Vorstandsmitglied Kathrin Heinrichs. Sie ist im Verband für den Nachwuchs zuständig und organisiert den Workshop »Next Generation«, der sich dieses Jahr mit dem Thema Veränderung beschäftigte. Da die Mehrzahl der Unternehmen im Drehteileverband familiengeführt ist, nehmen immer mehr potenzielle Nachfolger an den Verbandstagungen teil. »Diese bringen ihre ganz eigenen Themen mit und haben alle ähnliche Fragen – egal, ob sie noch im Studium stecken, bereits im Betrieb arbeiten oder sogar schon Führungsverantwortung übernehmen«, erklärte Heinrichs.
Der Workshop »Wie viel Veränderung verträgt mein Unternehmen?« bot den jungen Menschen reges Diskussionspotenzial. Unter der fachlichen Moderation von Dr. Bettina Daser, einer Beraterin für Familienunternehmen, konnte man sich über verschiedene Aspekte wie Rollenverständnis, Tempo und Zeitpunkt von Veränderungsprozessen austauschen und auch das eigene Netzwerk im Verband stärken. »Das Thema ist so umfassend und spannend, dass wir dazu mal eine separate Veranstaltung planen sollten«, fasste Heinrichs das Ergebnis des Workshops zusammen.