Mountainbike aus dem Vollen gefräst

Artikel vom 16. Dezember 2021
Präzisionswerkzeuge allgemein

Das »Frace F160« von Fracebike ist ein Enduro-Mountainbike, das aus einem 70 Kilogramm schweren Aluminiumblock mit Werkzeugen von Ceratizit herausgefräst wird. Schweißnähte? Null! Die wären beim verwendeten 7075 Flugzeug-Aluminium auch zwecklos.

Der neue Fräser spielt seine Stärken beim trochoidalen Fräsen des Fahrradrahmens voll aus (Bild: Ceratizit).

Der neue Fräser spielt seine Stärken beim trochoidalen Fräsen des Fahrradrahmens voll aus (Bild: Ceratizit).

Wer sich einen Werkstoff wie 7075 Aluminium aussucht, hat nicht wahllos in den Sortimentstopf gegriffen, sondern ist sich sicher in dem, was er tut und was er will. Und das weiß Bernd Iwanow, Geschäftsführer und Inhaber der CNC Bike GmbH aus dem sachsen-anhaltinischen Finne, sehr genau: »Ich will ein einzigartiges Bike auf den Markt bringen − eins, das es in dieser Form zwar schon einmal gegeben hat, das aber nie aus dem Prototypenstatus herauskam.« Diesen Plan fasste der gelernte Werkzeugmacher vor ungefähr zwei Jahren, nachdem er bereits für einen ostdeutschen Fahrradhersteller ein Klapprad konstruiert hatte. Iwanow, der mit seinem Betrieb bis dato hauptsächlich Einzelteile für die Automobilindustrie fertigte, hatte dabei Blut geleckt und sich entschlossen, sein eigenes Fahrrad zu entwickeln − aber es musste etwas Besonderes sein. Da in seinem Betrieb alle Voraussetzungen vorhanden sind, stand die Fertigungsmethode für ihn schnell fest: Der Rahmen sollte komplett CNC-gefräst werden. Dass dies eine verwegene Idee war, wurde ihm kurze Zeit später bei seinen Internetrecherchen bewusst. Bisher war es wohl noch keinem anderen Hersteller gelungen, ein CNC-gefrästes Mountainbike in dieser Form auf dem Markt serienmäßig zu etablieren. »Das hat mich umso mehr gereizt, mein Vorhaben umzusetzen«, berichtet der passionierte Fräser.

Werkzeugspezialisten als Möglichmacher

Als Unterstützung für sein Projekt holte sich Iwanow die Zerspanungsspezialisten von Ceratizit mit ins Boot. »Ich beziehe dort schon lange die Werkzeuge und habe einen sehr guten Kontakt zum Außendienstmitarbeiter«, bestätigt er. »Er ist kein reiner Verkäufer, sondern ein erfahrener Anwendungstechniker, der selbst einmal an einer Maschine gearbeitet hat.« Das ist für den Unternehmer gerade bei seinem »Fracebike«-Projekt besonders wichtig. »Ich komme aus der Einzelteilefertigung, und da sind andere Voraussetzungen gefragt als bei der Serienfertigung. Um den Rahmen wirtschaftlich aus dem Vollen zu fräsen und den Prozess weiterhin zu optimieren, kann ich mich voll auf die Beratung des Experten verlassen.«

Effizienzsteigerung durch trochoidales Fräsen

Paradebeispiel ist die Bearbeitung der kleinen Taschen am Rahmen. Programmiertechnisch stellten sie zwar keine große Herausforderung dar, doch mit der bisherigen Technik war der Fräsprozess ein regelrechter Zeitfresser. Also hat Iwanow seinen technischen Berater von Ceratizit zu Rate gezogen, der ihm eine passende Lösung präsentieren konnte. »Statt unseres bisherigen Standardfräsers hat er uns den ›CCR‹-Fräser empfohlen, den wir dann mit einer trochoidalen Bearbeitungsstrategie eingesetzt haben. Als wir den Fräser dann in Aktion sahen, standen wir wie kleine Jungs um die Maschine und haben zugesehen, wie der kleine 6-Millimeter-›CCR‹-Fräser 25 mm tief rein ist und dann die Späne flogen«, erinnert sich Iwanow.

Bestens beraten: Markus Brunner, Regionalverkaufsleiter bei Ceratizit, demonstriert Bernd Iwanow die Vorteile des trochoidalen Fräsens (Bild: Ceratizit).

Bestens beraten: Markus Brunner, Regionalverkaufsleiter bei Ceratizit, demonstriert Bernd Iwanow die Vorteile des trochoidalen Fräsens (Bild: Ceratizit).

»Früher sind wir mit unserem Fräser schräg reingefahren, um die Taschen auszufräsen, solange bis wir die gewünschte Schnitttiefe erreicht haben. Jetzt machen wir zunächst eine Startbohrung, tauchen mit dem Fräser mit der gesamten Schnittlänge voll in die Tiefe ein und dann geht’s los.« Auch die Schnittdaten haben den CNC-Profi beeindruckt. »Wir sind mit einer Schnittgeschwindigkeit von vc 300 Meter pro Minute und einer Vorschubgeschwindigkeit von vf 2000 Millimeter pro Minute bei Durchmesser sechs Millimeter unterwegs, das ist schon heftig«, staunt Iwanow. »Natürlich geht das nicht mit jedem Fräser. Die hohe Schnittgeschwindigkeit und die höheren radialen Kräfte stellen auch höhere Anforderungen an das Werkzeug«, erläutert Markus Brunner, Regionalverkaufsleiter bei Ceratizit. Neben einer stabileren Kerngeometrie ist daher auch die Beschichtung maßgeblich.

Robuste Beschichtung für hohe Performance

»Unsere ›CircularLine CCR‹-Fräser sind speziell auf das trochoidale Fräsen ausgelegt und verfügen daher auch über die passende Oberflächenbeschichtung«, erklärt Brunner. »Wie alle unsere High-Performance-Werkzeuge wurden auch diese Fräser mit der ›Dragonskin‹-Beschichtung versehen, die besonders robust sowie verschleißresistent ist und selbst hohen Temperaturschwankungen mühelos standhält. ›Dragonskin‹ bedeutet im Falle unserer Fräser für die Aluminiumbearbeitung, dass die Werkzeuge eine DLC-Beschichtung haben. In Kombination mit den scharfen Schneiden und Spanbrechern liefert der Fräser die Voraussetzungen, um die Taschen am Fahrradrahmen effizient zu bearbeiten.«

40 Minuten Bearbeitungszeit eingespart

Die optimierte Rahmenstruktur des »Frace F160« hat viele Taschen, die mittels Fräser ausgeräumt werden müssen. Dass diese Bearbeitung jetzt viel schneller geht als früher, darüber freut sich Bernd Iwanow besonders. »Mit den ›CCR‹-Fräsern spare ich mir 40 Minuten reine Bearbeitungszeit bei der Kettenstrebe, das ist schon enorm. Wenn wir die Bearbeitung der Sattelstrebe ebenfalls auf den Fräser umgestellt haben, dann erwarte ich ein ähnlich positives Ergebnis.« Zurzeit dauert der gesamte Herstellungsprozess circa 60 Stunden – entsprechend schlägt der Preis zu Buche.

Das »Frace F160« besteht nicht nur den Praxistest, sondern erhält auch die wichtige EFBE-Prüfnorm (Bild: Ceratizit).

Das »Frace F160« besteht nicht nur den Praxistest, sondern erhält auch die wichtige EFBE-Prüfnorm (Bild: Ceratizit).

Rund 5000 Euro müssen Interessierte für den Rahmen dieses exklusiven Fahrrads berappen. Dafür bekommt man aber ein echtes, in Kleinserie produziertes Schmuckstück, das nicht nur Seltenheitswert hat, sondern sich von der Performance mit jedem etablierten Downhill-Bike messen kann. »Es war wirklich ein sehr ehrgeiziges Ziel, das ich hatte. Doch durch die tatkräftige Unterstützung meines technischen Beraters bei Ceratizit und die Umstellung der Werkzeuge habe ich es tatsächlich geschafft. Ich fertige serienmäßig ein komplett aus dem Vollen gefrästes Aluminium-Mountainbike, das noch dazu hervorragend im Gelände funktioniert.«

Bernd Iwanow und sein »Frace F160«, dem aus dem Vollen gefräste Aluminium-Bike (Bild: Ceratizit).

Bernd Iwanow und sein »Frace F160«, dem aus dem Vollen gefräste Aluminium-Bike (Bild: Ceratizit).

 Das erste »Frace F160« bleibt natürlich im Besitz des Entwicklers. Für das zweite Fahrrad konnte Iwanow bereits den ersten Kundenauftrag verbuchen: der Rahmen mit der Seriennummer 002 wurde persönlich an die Firma Ceratizit Deutschland GmbH nach Kempten ausgeliefert.

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