Safety ist Vertrauenssache

Artikel vom 11. November 2021
Safety: Systeme und Komponenten

Die kompakte Fertigungszelle des Spezialmaschinenherstellers Hahn Automation montiert Stoßdämpfer im 20-Sekunden-Takt. Die Automatisierungslösung beinhaltet ein sicheres Sensorik-Paket aus Schutztürsystem und codierten Sicherheitsschaltern. Hinzu kommen eine Peripherieanbindung sowie eine konfigurierbare Kleinsteuerung vom Automatisierer Pilz, die für sicheren Betrieb und Wartung des Montageautomaten sorgen.

Die Montagezelle wird im Dreischicht-Betrieb Stoßdämpfer im 20-Sekunden-Takt produzieren. Zur Absicherung der fünf Schutztüren kommt ein berührungslos wirkendes Schutztürsystem zum Einsatz (Bild: Pilz).

Die Montagezelle wird im Dreischicht-Betrieb Stoßdämpfer im 20-Sekunden-Takt produzieren. Zur Absicherung der fünf Schutztüren kommt ein berührungslos wirkendes Schutztürsystem zum Einsatz (Bild: Pilz).

Die aus zwei Rundtischen bestehende, fünf mal zwei Meter messende Montagezelle absolviert in der Werkshalle ihren finalen Testlauf. An einer Beladestation legt ein Werker das Mittelrohr in den pneumatischen Schlitten und bestückt das Nest der Nachbarstation mit zwei geschlitzten Stützringen. Er verlässt den Sicherheitsbereich beider Lichtgitter-Paare und setzt den Montageablauf über einen Betätigungstaster in Gang: Der Greifer auf dem Rundschalttisch schließt, der Ausrichtzylinder fährt automatisch zurück, der Rundschalttisch ist nun frei und kann takten. Es folgt ein mehrstufiger Montage- und Fügeprozess über zwei Rundtischmodule mit insgesamt acht Stationen. Zunächst müssen zugeführte O-Ringe in die entsprechende Nut gebracht werden: Ein Einführtrichter zentriert sich über dem aufgestellten Mittelrohr, Greifer übernehmen die Stützringe, ein dreiteiliges Montagewerkzeug schiebt die Stützringe in die vorgesehene Position. Nachfolgend fügt eine Handling-Einheit das Mittel- über das Innenrohr, eine Greifapplikation entnimmt das Bauteil, und der Schlitten ist wieder aufnahmebereit in seiner Anfangsposition. Über eine Transfereinheit gelangt das nunmehr halbfertige Dämpferbauteil zur ersten Station des Nachbar-Rundtisches. Dabei müssen Lage und Positionierung des Dämpferbauteils beibehalten werden. Eine Fügehilfe drückt den Druckadapter nach unten, bis dieser in der gewünschten Höhe positioniert ist. In der vorletzten Station des Rundtisches wird die vormontierte Dämpfungseinheit auf den Ventilkegel gepresst, Kraft und Weg werden mittels Sensorik zuverlässig überwacht. Zeigt der anschließende Prüfprozess an, dass der Dämpfer den Qualitätsvorgaben entspricht, entnimmt ein Werker das Bauteil an der letzten Station.

Erfolgsfaktor Flexibilität

In Kürze wird die Montagezelle bei einem namhaften Automobilzulieferer im Dreischichtbetrieb Stoßdämpfer im 20-Sekunden-Takt produzieren. Die Anlage ist flexibel aufgebaut und kann ohne langwierige Umbau- und Stillstandzeiten bis zu acht Dämpfertypen mit Innenrohrlängen zwischen 200 und 600 Millimetern herstellen. Automatisierungslösungen auf Rundtischbasis sind platzsparend, erlauben kurze Schaltzeiten und eignen sich besonders für die Montage komplexer Bauteile. Für Hahn Automation sind Rundtischautomaten nur eine von mehreren Varianten, wie der Spezialmaschinenbauer mit Sitz in Rheinböllen im Rhein-Hunsrück-Kreis Kundenanforderungen in technisch ausgereifte Lösungen übersetzt. Das zur Hahn Group zählende, international tätige Unternehmen mit aktuell rund 800 Mitarbeitenden an zwölf Standorten weltweit entwickelt seit 25 Jahren effiziente Lösungen insbesondere für die Automatisierung von Montage- und Prüfprozessen. Zielbranchen sind die Automobil-, Konsumgüter-, Elektronikindustrie sowie die Medizintechnik. »Unsere Kunden schätzen unser breites Knowhow sowie unsere überdurchschnittlich hohe Entwicklungs- und Fertigungstiefe«, betont Dirk Scherer, Teamleiter Elektrokonstruktion.

Sicherheit im Fokus

Das Thema Sicherheit genießt bei Hahn Automation traditionell einen hohen Stellenwert. Im selben Maße, wie die Ansprüche an Performance, Effizienz und Bedienbarkeit von Anlagen zunahmen, stiegen die Anforderungen an leistungsfähige Sicherheitskonzepte. Neben ihrer zentralen Aufgabe, Menschen im Umfeld von Maschinen und Anlagen vor Gefahren zu schützen, sollen diese Sicherheitskonzepte Bedien- und Verfahrensabläufe nicht behindern und keinen Anlass zu Manipulationen geben. Schon früh hat das Unternehmen erkannt, welche Vorzüge flexible Softwarelösungen gegenüber anfälligen und installationsaufwendigen Hardwareapplikationen bieten − vom Engineering über die Inbetriebnahme bis zur Produktionsphase beim Kunden. Im Jahr 2002 kam die erste »PNOZmulti«-Steuerung mit vier Modulen auf den Markt: Erstmals ließen sich mehrere sicherheitsrelevante Funktionen einer Maschine mit nur einem Gerät über ein am Computer generiertes Softwareprogramm auf einfache Weise erstellen. Die konfigurierbaren Ein- und Ausgänge boten Elektrokonstrukteuren eine bis dahin nicht gekannte Flexibilität. Kurz darauf setzte Hahn Automation die Kleinsteuerung ein. »Pilz hat ein ausgeprägtes Knowhow im Bereich der Sicherheitsanwendungen«, sagt Dirk Scherer, »das Produktportfolio passt hervorragend zu unseren Anlagen.«

Ziel modulare Musterlösung

Es bestand kein Zweifel, auch bei der aktuellen Montagezelle auf eine sichere Lösung von Pilz zu setzen. Im Detail besteht die entwickelte Anlage aus zwei Modulen, die getrennt aufgebaut und am Ende zu einer Anlage zusammengefügt werden. Die gemeinsame Steuerung kommt mit nur einem Schaltschrank aus. Neben den pneumatischen Montagezylindern kommen auch servoelektrische Antriebe für das Materialhandling zum Einsatz. Die Risikoanalyse ergab, dass für die beiden Eingriffsbereiche sowie für die fünf nur zu Wartungszwecken zu öffnenden Türen geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen sind.

Die konfigurierbare Kleinsteuerung bietet mit der modularen Hardwareplattform und einem breiten Portfolio an Erweiterungsmodulen die Überwachung von Funktionen wie Not-Halt, Schutztüren, Lichtgittern, Zweihand etc. (Bild: Pilz).

Die konfigurierbare Kleinsteuerung bietet mit der modularen Hardwareplattform und einem breiten Portfolio an Erweiterungsmodulen die Überwachung von Funktionen wie Not-Halt, Schutztüren, Lichtgittern, Zweihand etc. (Bild: Pilz).

Die geforderte Sicherheitslösung sollte nicht nur auf diese Anlage zugeschnitten, sondern als flexible und modular erweiterbare Musterlösung auch für vergleichbare Anlagen geeignet sein, was mit der konfigurierbaren Kleinsteuerung »PNOZmulti 2« gelöst wurde: Mit der modularen Hardwareplattform und einem breiten Portfolio an Erweiterungsmodulen lassen sich Funktionen wie Überwachung von Not-Halt, Schutztüren, Lichtgittern, Zweihand, Pressensicherheitsventilen, analogen Messwerten bis hin zu Motion-Monitoring-Funktionen auf einfache Weise abdecken. Die Kleinsteuerung bietet größtmögliche Sicherheit, je nach Applikation bis zu PL e/Cat. 4 nach EN ISO 13849-1 resp. SIL CL 3 nach EN / IEC 62061. Das eingesetzte Basisgerät »PNOZ m B0« bietet zwanzig sichere Eingänge, davon acht als frei konfigurierbare Hilfsausgänge, vier sichere Halbleiterausgänge sowie vier konfigurierbare Taktausgänge.

Automatisierung inklusive

In Kombination mit dem codierten, berührungslosen Sicherheitsschalter »PSENcode« von Pilz, der zur Positionsabfrage dient, macht ein Lichtgitter-Paar die beiden Eingriffsbereiche sicher. Zur Absicherung der fünf Schutztüren kommt anstatt konventioneller mechanischer Sicherheitsschalter das berührungslos wirkende Schutztürsystem »PSENslock« zum Einsatz. Es kombiniert sichere Schutztürüberwachung mit einem berührungslos wirkenden Haltemagnet in nur einem Gerät. Da Hahn Automation dezentrale intelligente Installationskonzepte verfolgt, eignen sich die »PDP67«-Module besonders zum Einsammeln der Signale. Die dezentralen Module leisten einen Beitrag dazu, den Installations- und Verdrahtungsaufwand gering zu halten und neben Zeit und Geld auch Platz im Schaltschrank zu sparen. In der Schutzart IP67 sind sie resistent gegen Schmutz und Wasser.

Mithilfe der grafikbasierten Bedienoberfläche der Konfigurationssoftware lässt sich das gesamte Sicherheitskonzept auf intuitive Weise am PC umsetzen (Bild: Pilz).

Mithilfe der grafikbasierten Bedienoberfläche der Konfigurationssoftware lässt sich das gesamte Sicherheitskonzept auf intuitive Weise am PC umsetzen (Bild: Pilz).

Mithilfe eines grafikbasierten Konfigurators lässt sich das gesamte Sicherheitskonzept am PC umsetzen. Das Konfigurationswerkzeug unterstützt sowohl bei der Projektierung, Konfigurationserstellung, Dokumentation und Inbetriebnahme als auch in der Produktionsphase beim Kunden. »Unsere Mitarbeiter im elektrischen Engineering sind zwar bestens geschult, die Aspekte rund um die Norm DIN EN 13849 sind jedoch sehr komplex. Bei Pilz treffen wir auf kompetente Ansprechpartner, die gemeinsam mit uns die bestmögliche Kundenlösung schaffen«, fasst Dirk Scherer zusammen.

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