Abwasserreinigung mithilfe der Vakuumdestillation

Artikel vom 30. September 2021
Sensoren allgemein

Für die Reinigung von Industrieabwässern stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung. Die in Fulda ansässige Jumo GmbH & Co. KG hat sich bei der Erneuerung einer Anlage für die Vakuumdestillation entschieden. Dabei kommt auch Messtechnik aus dem eigenen Haus zum Einsatz.

Bei der Vakuumdestillation ist der aufsteigende Wasserdampf nahezu frei von Verunreinigungen, 99 Prozent des Prozesswassers können in den Produktionsprozess zurückgeführt werden. Das Bild zeigt die Projektverantwortlichen vor der neuen Anlage (Bild: Jumo).

Bei der Vakuumdestillation ist der aufsteigende Wasserdampf nahezu frei von Verunreinigungen, 99 Prozent des Prozesswassers können in den Produktionsprozess zurückgeführt werden. Das Bild zeigt die Projektverantwortlichen vor der neuen Anlage (Bild: Jumo).

Bewährte und bekannte Verfahren zur Abwasserreinigung sind die chemisch-physikalische Behandlung oder die Membranfiltration. Bei ersterer sorgen verschiedene Chemikalien dafür, dass Verunreinigungen als Feststoffe ausfallen, die dann getrennt entsorgt werden müssen. Bei der Membranfiltration erfolgt die Reinigung mithilfe wasserdurchlässiger Membrane. Ein vergleichsweise neues Verfahren ist die Vakuumdestillation, die auf dem Prinzip der Stofftrennung nach Siedepunktunterschieden basiert. Da bei einem erniedrigten Druck die Siedetemperatur der zu trennenden Flüssigkeiten herabgesetzt wird, können auch Stoffe getrennt werden, die sich bei höheren Temperaturen zersetzen würden. Das Haupteinsatzgebiet der Vakuumdestillation ist in Erdölraffinerien. Bei der Behandlung von Abwässern verbleiben im Verdampfungsrückstand beispielsweise Schwermetalle, Salze, aber auch Öle, Fette oder Tenside. Weil der Wasseranteil verdampft, reduziert sich das Volumen des Rückstandes aus der Vakuumdestillation auf 0,5 bis 5 Prozent des ursprünglichen Abwasservolumens. Der aufsteigende Wasserdampf ist nahezu frei von Verunreinigungen. Nach der Kondensation können 99 Prozent des Prozesswassers in den Produktionsprozess zurückgeführt werden. Das ist natürlich sehr ressourcenschonend und spart im Vergleich zu anderen Verfahren auch chemische Stoffe in erheblichen Mengen. Da in der Anlage die Energie, die bei der Kondensation des Dampfes entsteht, direkt für die Verdampfung genutzt wird, ist der Energieverbrauch niedrig und der Betrieb daher wirtschaftlich sehr interessant.

60.000 Euro Einsparungen

Bei der Jumo GmbH & Co. KG in Fulda ging es darum, eine in die Jahre gekommene Abwasserreinigungsanlage für die hauseigene Galvanik zu modernisieren. Schnell wurde klar, dass die Sanierung rund eine Viertelmillion Euro gekostet hätte. Das Projektteam machte sich deshalb auf die Suche nach einer Alternative und stieß auf die modernen Vakuumdestillationsanlagen der H2O-GmbH aus Steinen. Die Anlagen dieses Unternehmens zeichnen sich besonders dadurch aus, dass durch verschiedene neuartige Prozesse im Vergleich zu herkömmlichen Verdampfern klare Destillate mit weitaus besserer Qualität als Endprodukt entstehen. Die Qualität des Destillats ist dabei so hoch, dass keine oder nur sehr wenige Nachbehandlungsschritte notwendig sind. Darüber hinaus passen sich die Systeme automatisch schwankenden Prozesswasserqualitäten an. Bei Jumo beliefen sich die Investitionskosten für die Anlage auf rund 190.000 Euro. Somit konnten im Vergleich zur Sanierung der Altanlage 60.000 Euro eingespart werden. Darüber hinaus kann die Steuerung jetzt von einer zentralen Stelle aus erfolgen. Zur Bedienung wird weniger Personal benötigt, und es kommen auch weniger Chemikalien zum Einsatz. Hinzu kommt, dass der Prozess keiner behördlichen Überwachung mehr unterliegt. Und in der neuen Anlage wird auch Jumo-Technik verwendet, zum Beispiel zur Druck- und Leitfähigkeitsmessung oder zur Messung des pH-Werts.

Eigene Messtechnik im Einsatz

In der Anlage kommt der Druckmessumformer »dTRANS p30« zum Einsatz.

Links der Druckmessumformer »dTRANS p30«, in der Mitte die Leitfähigkeitselektrode »tecLine CR« und rechts die austauschbare »digiLine«-Elektronik (Bilder: Jumo).

Links der Druckmessumformer »dTRANS p30«, in der Mitte die Leitfähigkeitselektrode »tecLine CR« und rechts die austauschbare »digiLine«-Elektronik (Bilder: Jumo).

Das Kernstück dieses Sensors ist eine piezoresistive Messzelle, die mit einer hohen Überlastfestigkeit und Langzeitstabilität sicher, zuverlässig und temperaturbeständig ist. Das komplett verschweißte Messsystem benötigt darüber hinaus keine Dichtungen und gewährleistet eine besonders hohe Prozesssicherheit. Der Druckmessumformer ist in Messbereichen von 0 bis 250 mbar oder 0 bis 600 bar Relativdruck sowie von 0 bis 600 mbar oder von 0 bis 25 bar Absolutdruck erhältlich. Die Messstofftemperatur kann in flüssigen sowie in  gasförmigen Medien zwischen -30 bis +120 Grad Celsius liegen. Die nachgewiesen sicherste und am besten akzeptierte Methode zur Bestimmung der Wasserqualität ist die Leitfähigkeitsmessung. In der Vakuumdestillationsanlage wird der konduktive Leitfähigkeitssensor »tecLine CR« eingesetzt. Dieser arbeitet nach dem Zwei-Elektroden-Prinzip. Die leitfähigen Messelektroden bestehen aus Edelstahl oder Titan und sind in einer bestimmten Geometrie angeordnet. Außerdem ist in diesen Sensoren meist ein Fühler zur Erfassung der Temperatur des Mediums integriert. Ein externer elektronischer Messumformer beaufschlagt den Zwei-Elektroden-Sensor mit einer Wechselspannung. Entsprechend des elektrischen Widerstands der Messlösung (Reinheitsgrad) stellt sich ein Wechselstrom ein. Dieser wird durch den Messumformer unter Berücksichtigung der Zellenkonstante und eventuell der Temperatur des Messmediums in den Wert für die Leitfähigkeit der Messlösung umgerechnet. Der Zwei-Elektroden-Leitfähigkeitssensor verfügt über eine besonders robuste Bauform und ist mit vielfältigen Prozessanschlüssen sowie in verschiedenen Einbaulängen erhältlich. Der Messbereiche liegt zwischen 0,05 bis 1 mS/cm. Der pH-Wert wird in der H2O-Anlage mit dem Sensor »tecLine HY pH« überwacht. Diese besonders robusten Elektroden sind speziell für Anwendungen in der Prozess- und Industriemesstechnik konzipiert worden. Sie sind als kombinierte Einstabmessketten ausgeführt und liefern selbst nach CIP-Reinigung und In-situ-Sterilisationsprozessen mit Temperaturen von bis zu 135 Grad Celsius und Drücken von bis zu 6 bar zuverlässige und stabile Messwerte. Ein hochwertiges Zirkondioxid-Diaphragma sorgt für eine schnelle Ansprechzeit auch bei niedrigen Leitfähigkeitswerten von 100 μS/cm. Als Bezugssystem wird das bewährte Jumo-Patronenableitsystem eingesetzt. Hierbei bleibt der Elektrolyt über die gesamte Lebensdauer silberionenfrei und damit für Elektrodengifte wie Aminosäuren oder Sulfide weniger angreifbar. Das pH-sensitive Membranglas »HT-Glas« bietet neben einer erhöhten Temperaturbeständigkeit auch eine hohe Linearität bei alkalischen pH-Werten über 12.

Die verwendete pH-Elektrode ist speziell für Anwendungen in der Prozess- und Industriemesstechnik konzipiert und daher besonders robust (Bild: Jumo).

Die verwendete pH-Elektrode ist speziell für Anwendungen in der Prozess- und Industriemesstechnik konzipiert und daher besonders robust (Bild: Jumo).

Der Anlagenhersteller nutzt für diese pH-Elektroden die wiederverwendbare »digiLine«-Elektronik, die einfach auf den Sensor aufgesteckt und festgeschraubt wird. Die Schraubverbindungen zwischen Sensor und Elektronik gewährleisten die Schutzarten IP66 und IP67, um Störungen durch Eindringen von Feuchtigkeit zu vermeiden. Der elektrische Anschluss erfolgt einfach und schnell durch Einstecken und Verschrauben eines fertig konfektionierten Buskabels. Bei dieser Variante werden die Kenndaten und Messstelleninformationen zur eindeutigen Identifizierung und Zuordnung einer Elektrode direkt in der Elektronik gespeichert. Konfigurations-, Parametrier- und Kalibrierdaten sowie Logbücher sind auch nach Austausch des zugehörigen Messumformers direkt abrufbar. Zähler für Autoklavier-, SIP- und CIP-Zyklen erlauben Rückschlüsse auf die bisherige Strapazierung der Elektrode durch Reinigungs- und Desinfektionsroutinen.

Konstante Destillatqualität

Bei der Messung des pH-Werts verfügen die Anlagen der H2O-GmbH über eine Besonderheit: Herkömmliche Vakuumdestillationssysteme stellen den pH-Wert vor der Verdampfung ein. Der Nachteil ist, dass bei der Verdampfung Nachreaktionen ausgelöst werden können, die die Destillatqualität verschlechtern. So können Destillate mit niedrigen pH-Werten entstehen, die Korrosionsschäden verursachen können. H2O hat deshalb einen pH-Regler entwickelt, der die Nachreaktionen kompensiert und somit ein gleichbleibend gutes Destillatergebnis erreicht. Bei dieser Regelung wird der pH-Wert nicht im Zulauf gemessen, sondern im gereinigten Destillat. Verändern sich hier die pH-Werte, wird Neutralisationsmittel zur Korrektur direkt in den Verdampfer dosiert. So wird eine konstant stabile Destillatqualität erreicht. Die Kombination aus niedrigen Kosten, einer einfachen Bedienung und einer sehr hohen Flexibilität haben bei Jumo letztendlich dazu geführt, bei der Abwasserreinigung von Galvanik-Spülwässern auf das Verfahren der Vakuumdestillation zu setzen.

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